Die 8. Synode der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen hat am 12. März 2005 auf ihrer Sitzung die Novellierung des Mitarbeitervertretungsgesetzes (MVG) beschlossen. Dabei übernahm man die in mehrmonatigen Verhandlungen am runden Tisch von allen Beteiligten der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ausgehandelten Novellierungsvorschläge. Das novellierte MVG wird zum 1. Mai 2005 in Kraft treten.
Die Neufassung des MVG wird sofort nach Vorliegen der redaktionell bearbeiteten Fassung auf unsere Homepage gestellt. Hier die wichtigsten Veränderungen im Überblick:
- In § 7 MVG wird neu ein Rest- oder Übergangsmandat der alten MAV von bis zu 6 Monaten für den Fall von Aus- und Umgründungen von Dienststellen festgeschrieben. Es wird dadurch verhindert, dass Mitarbeiter einer ausgegründeten Dienststelle gerade in sehr turbulenten Zeiten ohne Interessenvertretung darstehen.
- MVG § 8 Zusammensetzung der MAV: Hier konnte sich die Arbeitgeberseite mit der Forderung nach Anpassung an das MVG-EKD durchsetzen. Dies führt dazu, dass die Größe der MAVen in mittleren und größeren Kirchenkreisen ab der nächsten Wahlperiode im Regelfall um zwei Mitglieder sinken wird. Dafür konnte der Versuch der Arbeitgeber abgewehrt werden, den Freistellungsanspruch zu beschneiden. Auch die Berechnungsgrundlage, dass auch teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter für den Freistellungsanspruch voll mitgerechnet werden, bleibt unangetastet.
Die neue Fassung des § 8 MVG, Absatz 1:
(1)Die Mitarbeitervertretung besteht bei Dienststellen mit in der Regel5 - 15 wahlberechtigten Mitarbeitern aus einer Person,
16 - 50 wahlberechtigten Mitarbeitern aus drei Mitgliedern,
51 - 150 wahlberechtigten Mitarbeitern aus fünf Mitgliedern,
151 - 300 wahlberechtigten Mitarbeitern aus sieben Mitgliedern,
301 - 600 wahlberechtigten Mitarbeitern aus neun Mitgliedern,
601 - 1000 wahlberechtigten Mitarbeitern aus elf Mitgliedern,
1001 -1500 wahlberechtigten Mitarbeitern aus dreizehn Mitgliedern und
1501 - 2000 wahlberechtigten Mitarbeitern aus fünfzehn Mitgliedern. - War nach Ablauf der regulären Amtszeit der MAV noch keine neue MAV gewählt, war es bisher möglich, dass die alte MAV ihr Amt kommissarisch auf unbeschränkte Zeit weiter ausübt. Dieser Zeitraum wird nun durch Neufassung des § 15 MVG auf längstens 6 Monate beschränkt.
- Bisher war eine Neuwahl der MAV notwendig, wenn die Anzahl der MAV-Mitglieder unter die gesetzlich vorgeschriebene Mindestanzahl gesunken war. § 16 MVG eröffnet nun auch die Möglichkeit der Nachwahl, wenn die Mitarbeiterversammlung einen entsprechenden Beschluss mit den Stimmen von mindestens zwei Dritteln der anwesenden Mitarbeitern fasst.
Im Falle der Nr. 1 ist anstelle einer Neuwahl die Mitarbeitervertretung unverzüglich durch Nachwahl zu ergänzen, wenn die Mitarbeiterversammlung einen entsprechenden Beschluss mit den Stimmen von mindestens zwei Dritteln der anwesenden Mitarbeiter fasst. - Im § 31 MVG werden die der MAV zur Verfügung zu stellenden Mittel präzisiert. Bisher mussten der MAV nur die "geeigneten Mittel zur angemessenen Information der Mitarbeiter zur Verfügung" gestellt werden. Nun ist der Mitarbeitervertretung "die dienststellenübliche technische Ausstattung zur Verfügung zu stellen". Die Zeiten, wo die hochtechnisierte Dienststelle die MAV mit "Steinzeitgeräten" ausgestattet hat, sind also vorbei.
- Im § 35 MVG werden die Informationrechte der MAV klarer beschrieben und teilweise ausgeweitet. Dort wo es sich bisher um eine "Soll-Vorschrift" handelte, heißt es jetzt: "Die Dienststellenleitung hat die Mitarbeitervertretung bereits während der Vorbereitung von Entscheidungen zu informieren und die Mitarbeitervertretung frühzeitig an den Planungen zu beteiligen".
Als neuer Absatz 2 wird eingefügt:
(2) Die Dienststellenleitung hat die Mitarbeitervertretung einmal im Jahr über die Personalplanung, insbesondere über den gegenwärtigen und zukünftigen Personalbedarf zu unterrichten. In Dienststellen mit in der Regel mehr als 100 Mitarbeitern ist der Jahresabschluss zu erläutern. Ferner besteht darüber hinaus viermal im Jahr eine Informationspflicht insbesondere über: -
die wirtschaftliche und finanzielle Lage;
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geplante Investitionen;
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Rationalisierungsvorhaben;
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die Einführung neuer Arbeitsmethoden;
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Fragen des betrieblichen Umweltschutzes;
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die Verlegung, Einschränkung oder Stilllegung von Teilen der Dienststelle;
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der Zusammenschluss oder die Spaltung der Dienststelle sowie
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wesentliche Änderungen der Organisation oder des Zwecks der Dienststelle.
Die Teilnahmemöglichkeit der MAV an Vorstellungsgesprächen wird von einer "Kann-Vorschrift" in eine "Soll-Vorschrift" umgewandelt und die Dienststellenleitung wird in Zukunft verpflichtet, "die Mitarbeitervertretung auch über die Beschäftigung der Personen in der Dienststelle zu informieren, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zur Dienststelle stehen". -
Neu ist im § 36 MVG, dass ein Mitglied der MAV berechtigt ist, "bei Gesprächen des Arbeitgebers mit einem Mitarbeiter teilzunehmen, wenn mit dem Mitarbeiter über sein Verhalten im Dienst oder über Verfehlungen seiner dienstlichen Pflichten, die zu arbeits- oder disziplinarrechtlichen Maßnahmen führen können, gesprochen wird und der Mitarbeiter die Teilnahme wünscht".
- Bisher gab es hin und wieder Schwierigkeiten bei der Wahl von Schwerbehindertenvertretungen. Man stritt sich, auf welcher Ebene die erforderliche Anzahl der Schwerbehinderten zu ermitteln ist. Hier stellt die Neufassung von § 51 MVG klar, dass dabei Dienststellen zusammengerechnet werden, für die eine gemeinsame MAV gebildet wird. Im Regelfall sind also alle Schwerbehinderten eines Kirchenkreises zusammenzuzählen, um festzustellen, ob eine Vertrauensperson der Schwerbehinderten zu wählen ist.
- In § 52 MVG erkennt der Gesetzgeber jetzt an, dass es keine durchgreifenden Gründe für eine im Detail abweichende Aufgabenzuweisung gegenüber dem staatlichen Recht für die Vertrauensperson der Schwerbehinderten gibt. Statt der bisherigen konkreten Aufgabenbeschreibung heißt es nun: "(1) Die Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiter nimmt die Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung nach staatlichem Recht wahr".
- § 56 MVG ermöglicht neu, dass sich Gesamtausschüsse landeskirchenübergreifend zu einer Arbeitsgemeinschaft der Gesamtausschüsse zusammenschließen können, wenn darüber zwischen den beteiligten Gesamtausschüssen und den jeweiligen beteiligten Kirchen eine Vereinbarung geschlossen wird. Kommt es dazu, dann nimmt diese Arbeitsgemeinschaft anstelle der Gesamtausschüsse der beteiligten Kirchen deren Aufgabe wahr.
- Bisher war im § 59 MVG Voraussetzung für die Benennung zum Vorsitzenden einer Kammer der Schiedsstelle, dass die Befähigung zum Richteramt vorlag und die Person nicht im kirchlichen Dienst stand. Neu ist, dass sie auch keiner Dienststellenleitung gemäß § 4 MVG angehören darf. Es wird also in Zukunft verhindert, dass Personen Vorsitzende einer Schiedsstellenkammer werden können, welche gleichzeitig Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen.
- Die Beschwerdemöglichkeit gegenüber Beschlüssen der Schiedsstelle ist in § 65 MVG ausgeweitet worden. Sie ist nun auch möglich, wenn die Schiedsstelle diese im Beschluss gesondert zulässt. Die Beschwerde ist danach zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Neu ist auch, dass die Nichtzulassung der Beschwerde durch Einspruch angefochten werden kann.
Siegfried Wulf