Gemäß § 22 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) trägt in einem Streitfall über eine mögliche Diskriminierung, bei dem eine Partei Indizien vorträgt, die eine Benachteiligung wegen eines im § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Um bei Diskriminierungen mögliche Ansprüche einfacher durchsetzen zu können, sieht das AGG eine Beweiserleichterung vor, da im Regelfall für eine Diskriminierung keine handfesten Beweise, sondern lediglich Indizien vorliegen.
Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil vom 26. Januar 2017 (Az. 8 AZR 736/15) diese Beweiserleichterung präzisiert. Im verhandelten Fall hatte ein Arbeitgeber bei der Verteilung von zusätzlichen Wochenarbeitsstunden einen schwerbehinderten, teilzeitbeschäftigten Mitarbeiter nicht berücksichtigt. Dieser fühlte sich wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert und klagte auf Erhöhung seiner wöchentlichen Arbeitszeit. Das Hessische Landesarbeitsgericht erkannte ihm im Rahmen des § 15 Abs. 1 AGG einen Schadensersatzanspruch zu, wies die Klage aber im Übrigen ab. Den Schadensersatzanspruch begründete das Landesarbeitsgericht damit, dass Indizien gemäß § 22 AGG vorlägen, die eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung vermuten ließen und der Arbeitgeber diese Vermutung nicht widerlegen konnte. Dem Bundesarbeitsgericht reichte die Begründung des Hessischen Landesarbeitsgerichts nicht aus. Seiner Meinung nach muss für die Beweiserleichterung eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ der Diskriminierung vorliegen, die vom Landesarbeitsgericht angenommene „Möglichkeit“ einer Ursächlichkeit reiche nicht aus. Die Angelegenheit wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Siegfried Wulf