Die Zusatzversorgung für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst wurde 2002 grundlegend reformiert. Damals wurde das Gesamtversorgungssystem (Umlagesystem) auf ein kapitalgedecktes System umgestellt, in welchem Versorgungspunkte erworben werden. Zum damaligen Zeitpunkt wurden die im alten System erworbenen Betriebsrentenansprüche in eine Startgutschrift für das neue System umgerechnet. Die Umrechnungsgrundlagen für die am 1. Januar 2002 pflichtversicherten Arbeitnehmer, welche das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten (rentenferne Jahrgänge), wurde in mehreren Gerichtsverhandlungen vom Bundesgerichtshof beanstandet. Auch die aufgrund des damaligen Urteils des Bundesgerichtshofs vorgenommenen Veränderungen bei der Berechnung der Startgutschriften wurden in BGH-Urteilen vom 09.03.2016 (IV ZR 9/15, IV ZR 168/15) für unwirksam erklärt. Nachdem die Tarifvertragsparteien im öffentlichen Dienst sich im Juni 2017 auf eine Neuberechnung der Startgutschriften geeinigt hatten, wurden diese Änderungstarifverträge zur Altersvorsorge inzwischen veröffentlicht.
Bemängelt wurde vom BGH, dass Beschäftigte, die aufgrund einer langen Berufsausbildung (z. B. Studium, Meister) erst in höherem Alter in den Beruf einsteigen konnten, durch die Berechnung der Startgutschrift benachteiligt wurden. Bei der jetzt zu erfolgenden Neuberechnung wird das konkrete Eintrittsalter bei Beginn der Pflichtversicherung zugrunde gelegt. Für die Berechnung des neuen Faktors zur Errechnung der Startgutschrift spielt die Zeit vom erstmaligen Beginn der Pflichtversicherung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres eine Rolle. Während in der Vergangenheit grundsätzlich mit einem Faktor von 2,25 % pro Pflichtversicherungsjahr gerechnet wurde, beträgt der Faktor nun, je nach konkretem Alter bei Beginn der Pflichtversicherung, mindestens 2,25 %, aber höchstens 2,5 % pro Pflichtversicherungsjahr. Hierdurch können auch Pflichtversicherte mit einer langen Ausbildung den höchst möglichen Versorgungssatz erreichen.
Die Zusatzversorgungskassen werden nach der technischen Umsetzung der Neuregelung alle rentenfernen Startgutschriften überprüfen und das Ergebnis den Versicherten, aber auch den ehemaligen Beschäftigten, die schon im Rentenbezug sind, mitteilen. Nach Angabe der Kassen ist ein Antrag der Versicherten für die Überprüfung nicht erforderlich.
Siegfried Wulf