Bei der Fragestellung, welcher Berechnungszeitraum für die Eingruppierung einer Kindergartenleitung zugrunde zu legen ist, hat es eine richtungsweisende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes gegeben.
Gemäß der Vorbemerkung Nr. 2 der Entgeltordnung zum TV-L Teil II Abschnitt 20.2 „Leiter von Kindertagesstätten“ ist für die Ermittlung der Durchschnittsbelegung für das jeweilige Kalenderjahr grundsätzlich die Zahl der vom 1. Oktober bis 31. Dezember des vorangegangenen Kalenderjahres vergebenen, je Tag gleichzeitig belegbaren Plätze zugrunde zu legen. Von dieser Durchschnittsbelegung ist die im Abschnitt 20.2 abgebildete Eingruppierung der Kindertagesstättenleitungen abhängig. Im Bereich der Konföderation und somit auch der hannoverschen Landeskirche gibt es dergestalt eine Besserstellung gegenüber der Entgeltordnung des TV-L, dass aufgrund § 15 Nr. 4 Dienstvertragsordnung eine Unterschreitung der maßgeblichen, je Tag gleichzeitig belegbaren Plätze von nicht mehr als 5 von 100 nicht zur Herabgruppierung führt. Eine Unterschreitung aufgrund von arbeitgeberverantworteter Maßnahmen (z. B. Qualitätsverbesserungen) führt ebenfalls nicht zur Herabgruppierung. Hiervon bleiben organisatorische Maßnahmen infolge demographischer Handlungsnotwendigkeit unberührt. Die in der Dienstvertragsordnung geregelte Besserstellung findet auch im Bereich des TVöD Anwendung, in welchem der strittige Fall vor dem Bundesarbeitsgericht verhandelt wurde.
Die Eingruppierung einer Kindertagesstättenleitung richtet sich also grundsätzlich nach der Zahl der in den letzten drei Monaten des vorangegangenen Kalenderjahres vergebenen, je Tag gleichzeitig belegbaren Plätze. Wurde in diesem Zeitraum gegenüber dem Vorjahr eine in der Entgeltordnung zum TV-L Teil II Abschnitt 20.2 „Leiter von Kindertagesstätten“ festgelegte Durchschnittsbelegung, welche für eine entsprechende Eingruppierung notwendig ist, unterschritten, kommt es zum 1. Januar des laufenden Jahres automatisch zu einer korrigierenden Rückgruppierung. Klar ist, dass es von dieser Eingruppierungsregel auch Ausnahmen geben muss. Wird z. B. eine Kindertagesstätte zum 01.08. eines Jahres neu eröffnet, kann auf die Durchschnittsbelegung des vorangegangenen Kalenderjahres kein Bezug genommen werden. Grundlage für die Eingruppierung sind dann die zum Stichtag der Eröffnung vergebenen, gleichzeitig belegbaren Plätze. Strittig war im Arbeitsgerichtsverfahren die Fragestellung, wie eingruppierungsmäßig reagiert werden muss, wenn im laufenden Jahr, z. B. zu Beginn des Kindergartenjahres, eine Gruppe aufgrund Kindermangels geschlossen bzw. reduziert wird. Das Landesarbeitsgericht ging in dem verhandelten Fall bei der Gruppenreduzierung noch von einer strukturellen Änderung in der Kindertagesstätte aus und bejahte daher die korrigierende Rückgruppierung der Leiterin der Kindertagesstätte zum 01.08. des Jahres, da es sich dabei um eine dauerhafte Unterschreitung des Schwellenwertes handelte. Das Bundesarbeitsgericht hob das Urteil auf und gestand der Leiterin der Kindertagesstätte auch für den Rest des Jahres die höhere Eingruppierung zu aufgrund der höheren Anzahl an vergebenen Plätzen im letzten Quartal des Vorjahres. Eine strukturelle Änderung in der Kindertagesstätte konnte das Bundesarbeitsgericht zu diesem Zeitpunkt nicht erkennen.
Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die Kinderzahl aufgrund verringerter Anmeldungen zu Beginn des Kindergartenjahres zwar zurückging und daher die Kindertagesstätte nur noch mit einer altersübergreifenden Vormittagsgruppe mit höchstens 25 Kindern und einer weiteren Kleingruppe mit höchstens 10 Kindern weiterbetrieben wurde, dies aber keiner strukturellen Änderung der Kindertagesstätte gleichkäme. Das BAG verdeutlichte in seinem Urteil, dass Ausnahmen von dem Referenzzeitraum sich allenfalls dann ergeben können, wenn in dieser Zeit die Kindertagesstätte noch nicht bestanden hat, sich nach dem Referenzzeitraum die Durchschnittsbelegung aufgrund einer strukturellen Änderung in der Kindertagesstätte (Zusammenlegung oder Trennung) verändert, oder wenn der Arbeitgeber mit dem Ziel der Herabgruppierung Belegungen verhindert oder verzögert. Der noch im Urteil des Landesarbeitsgerichtes zur Begründung herangezogene Bescheid des niedersächsischen Kultusministeriums zur Veränderung der Gruppengrößen und Reduktion der Belegung des Kindergartens ab dem 1. August 2010 wurde vom Bundesarbeitsgericht nicht anerkannt als strukturelle Änderung, da der Bescheid erst am 12. Juli 2011 erlassen wurde. Die Verringerung der Gruppengrößen war laut BAG-Urteil nicht auf eine strukturelle Änderung, sondern auf eine übliche Schwankung zurückzuführen. Dabei hat die Kirchengemeinde nicht lenkend entschieden, die Gruppengrößen zu verändern oder die Belegung des Kindergartens zu reduzieren, sondern hat lediglich auf die tatsächlichen rückläufigen Anmeldungen reagiert. Allein aufgrund der zum 1. August 2010 vorliegenden Anmeldungen zum Kindergarten waren nur eine Regelgruppe und eine sogenannte Kleingruppe von maximal 10 Kindern zu betreuen.
Fazit: Grundsätzlich ist für die Eingruppierung der Kindergartenleitung die Durchschnittsbelegung in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember des vorangegangenen Kalenderjahres ausschlaggebend. Ausnahmsweise kann die Eingruppierung von einem anderen Zeitpunkt abhängig sein, wenn die Kindertagesstätte neu eröffnet wird, oder wenn es zu strukturellen Änderungen in der Kindertagesstätte kommt. Dies kann der Fall sein, wenn die Betriebserlaubnis durch das niedersächsische Kultusministerium eine entsprechende Veränderung vorsieht, z. B. eine Gruppenerweiterung bzw. Gruppenreduzierung. Diese Veränderung der Betriebserlaubnis muss aber zum entsprechenden Zeitpunkt vorgenommen werden und darf nicht zu einem späteren Zeitpunkt ausgesprochen werden.
Siegfried Wulf