Das Bundesarbeitsgericht urteilte am 20.11.2012 (AZ 1 AZR 179/11) über das Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen. Wie schon in den Vorinstanzen vor den Landesarbeitsgerichten Hamm (AZ 8 Sa 788/10) und Hamburg (AZ 2 Sa 83/10) setzten sich weder die Arbeitgeberseite, noch die Gewerkschaft ver.di mit ihrer Forderung voll durch. Beide Seiten begrüßten in entsprechenden Pressemitteilungen die Entscheidung und werten sie für ihre Seite als Erfolg. Allerdings ist davon auszugehen, dass das letzte Wort zum kirchlichen Streikrecht vor dem Bundesverfassungsgericht oder sogar vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg fallen wird.
Grundsätzlich gesteht das BAG den Religionsgemeinschaften zu, ihre Arbeitsbedingungen im Rahmen des Dritten Weges auszuhandeln. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass dies in paritätisch besetzten Kommissionen geschieht und im Streitfall der Konflikt durch einen neutralen Vorsitzenden einer Schlichtungskommission gelöst wird. Auch müssen die Gewerkschaften in dieses Verfahren organisatorisch eingebunden sein und das Verhandlungsergebnis muss für die Dienstgeberseite als Mindestarbeitsbedingung verbindlich sein. Werden diese Mindestanforderungen nicht erfüllt, beinhaltet dies wiederum auch entsprechende Durchsetzungsrechte per Streik.
Der Arbeitgeberseite in der Diakonie wird immer wieder der Verstoß gegen Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommissionen bzw. deren Unterlaufen durch Lohndumping einzelner Einrichtungen oder Leiharbeit vorgeworfen. Dies verstößt gegen die jetzt vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundvoraussetzungen des dritten Weges. Wollen die kirchlichen Arbeitgeber am Dritten Weg festhalten, werden sie hier nachbessern und die Gewerkschaften stärker mit einbinden müssen.
Bei den vor dem BAG konkret verhandelten Streikmaßnahmen obsiegte die Gewerkschaft ver.di. Sie waren rechtmäßig.
Siegfried Wulf